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Herzschmalz

im wesentlichen unwesentlich

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fotografie

Silvester


Silvester ist ein Ungeheuer. Künstliche Fröhlichkeit, feuchtes Abgesabber, wildfremdes Umarmen, ohrenbetäubender Lärm. Zuviel davon. Als wäre Krieg. Und warum? Weil wir wieder ein Jahr geschafft haben, ohne uns gegenseitig abzumurksen? Weil die Erde immer noch nicht untergegangen ist, obwohl wir unser Bestes geben? Nimm gleich die ganze Welt. Weil jetzt Neues anbricht. Pack das Alte am Kragen, verflossene Tage, ein abgelaufenes Jahr, schleif es übers Parkett, poliert und gewienert, einen weiteren Schritt dem Tod entgegen. Verrinnende Zeit muss gefeiert werden. Tanzen wir also Arm in Arm uns die Eingeweide aus dem Körper, steppen wir morsche Knochen klappernd durch die nach Lüge stinkenden Nacht. Lallen wir aus tiefster Inbrunst. Heute Nacht. Jede Nacht.

Mehr Bilder von Robert Kusterle unter www.robertokusterle.it/Eng/galleria.php.


Wahr wie wahr

Wenn Worte brechen und Bilder im eigenen Saft schmoren.

Weil

The Black Circus is a small theatre where drama, dreams and fantasies are performed. Approaching the themes of the memory, esotericism and collective imagination, these photographs are like meeting upsetting traces of human beings who lived in former times. Like in an arena phantoms are dancing in the black room. It is a moving room where a lot of figures meet to be transformed, put on stage and itself there to lose. In this way the obscure game of the unconscious starts and everything becomes possible.

Weil ich dich sehe. Schwarz. Weiß. Verschwommen. Und nicht höre. Weil Worte für die Vögel sind. Wie Würmer für die Hunde. Weil eine Weile später jetzt ist. Weil Katzen schleichen, weil Gestank dir in die Nase kriecht. Rein. Raus. Aus.

Gedärme grummeln im Zwielicht, Brüste kreisen im Traum, fügen sich zusammen, klebrige Masse tropft dir in die Augen, du stocherst im Nebel. Die Gedanken zu Brei. Sind tot. Verlorene Seelen steppen auf dem Parkett der sich sehnenden Sucht. Nie wieder. Kein Walzer, kein Polka. Wieder und immer wieder. Weil.

Weil mehr Sara Imloul in der Polka Galerie Paris zu sehen ist.

Ein Auge für einen Blick

India by Joachim Pantel

Es gibt den einen Augenblick, der dein Leben verändert. Verändert hat. Vielleicht verändern wird. Du gabelst ihn auf, er liegt breitbeinig am Straßenrand, die Hand zum Betteln ausgestreckt, voller Ruß und Gram von jahrhundertelangem Warten. Auf dich und deinen Atem. Er krächzt um Aufmerksamkeit, buhlt liebedienerisch, Sabber trieft das Kinn herunter. Ein Auge für einen Blick.

Nun bist du da, flimmernder Schleier, sengende Hitze, einfach nur da, siehst den Anderen, fährst in diesen Augenblick hinein, krallst dich fest mit deinen knochigen Fingern, zitterst im Staub. Blicke begegnen sich, fremde Kulturen schlängeln sich im Winde, fremde Zungen säuseln von Lust, irgendwo spiegelt sich Leben. Das Sein des Anderen in der Pfütze deines Blickes verzerrt. Der jetzt du bist.

Die Bewegung erstarrt in dem einen Moment, in dem sich Leben kreuzen, ineinandergreifen, auseinanderfließen, meistens ist das Auge zu spät. Hinkt auf Krücken hinterher. Schwammig das Begreifen, kurz vor Erleuchtung. Du nimmst das Wasser. Ist der Tropfen trüb oder seelig? Reich mir die Hand. Was bietest du Fremder? Tränk meine Lippen. Nur der Zeigefinger am Drücker, lädt durch, schießt, hält ihn fest, den Blick fest im Auge, den einen Augenaufschlag, für die Ewigkeit. The killer takes it all. Gerüche und Farben, feinster Staub dringen jetzt durch, durch dich hindurch, zu dir, du schwitzt orientalische Gewürze, Salz und Wasser, hörst Krötengesang. Später. Die Zeit ist wieder im Lot. Die Reise geht weiter. Mit oder ohne dich. Es spielt keine Rolle. Du bist fort, die Suppe wird kalt. Nichts hat sich verändert. Alles.

Ein Hauch Erinnerung

Life Chances by Mari Mahr

Rosen getrocknet. Um Erinnerung zu klammern. Fest. U-Bahntickets aus der Fremde ins Tagebuch geklebt, Konzertkarten, ein Haar. Wie Laubblätter zwischen die Seiten eines Buches gestampft. Staub den Moment ein. Entreiß ihn den Fängen der Zeit. Pack den Koffer. Positionier das Besteck. Keine Menschen in Sicht. Sie waren dennoch da. Nur du, du kamst zu spät, einen Bruchteil Zeit zu spät.

Das Geschehene nahm seinen Lauf, irgendeinen Lauf, einen Lauf im Kreis des Lebens, schau nicht in den Lauf. Es geschah wie Geschichte immer geschieht. Einfach so und ohne dich. Der Ort ist jetzt Stillstand. Die Tat war vor dir da. Die Flucht. Atmen kann man nicht greifen, ein letztes Röcheln nicht streicheln. Sie haben Spuren hinterlassen. Lies die Fährte. Folge ihr. Sie führt nirgendwohin. Sagen die Alten im Dorf.

Mehr Bilder von Mari Mahr unter http://zonezero.com/exposiciones/fotografos/mahr/menu.html.

Der alte Mann und das Bild

Straight home

In den mitunter ironischen Selbstinszenierungen des Fotografen Gilbert Garcin scheint die gesamte Bandbreite der menschlichen Komödie angelegt zu sein. Jede seiner minimalistisch gestalteten Fotografien gleicht einem theatralischen Akt auf der obskuren Bühne des Lebens.

Ein älterer Mann mit schütterem, weißen Haar, in leicht gebückter Haltung und in einen grauen Mantel gehüllt, taucht an verschieden Orten auf. An Orten, die an der Grenze zum Realen angesiedelt und im Stil der Stummfilmästhetik ausgeleuchtet sind. Er ist von hinten zu sehen, im Profil, von vorne, alleine oder in Begleitung: Dieser unscheinbar wirkende Mann lädt ein, ihm zu folgen, sich auf rätselhafte Abenteuer einzulassen, in denen menschliche Marionetten von unsichtbarer Hand gezogen werden oder ein aus Steinquader zusammengesetzter Kopf in seine Bestandteile zerbröckelt. Zeit ist dein Schicksal, Mensch. Weiterlesen „Der alte Mann und das Bild“

Weg

Es gibt Bilder, die schaut man an und vergisst. Vergisst sich. Taucht in Welten vergilbter Zeit ein. Nimmt den Pfad durch das Dickicht des Unbewussten. Bieg ab. Dorthin, wo Menschen aus dem Rahmen fliegen. Sie lassen Federn und offene Bücher zurück, wispern dir aus dem Raum entfleuchte Geschichten ins Ohr. Ich bin doch da. Hast du noch gedacht. Und warst schon weg. Weg in den Bildern von Maleonn.

Mehr Bilder des chinesischen Fotokünstlers Maleonn auf  http://www.maleonn.com/.

Damals

Eimer, Rosenthalerstraße, Ost-Berlin 1994

Damals ist immer wann anders. Aber damals als die Mauer fiel, blieb die Zeit stehen. Der Atem stockte. Blieb die Zeit in unseren Herzen stehen. Als die Welt nach Atem rang, zerbarsten wir über Berlin in Millionen Fragmente. Und erfanden uns neu. Wer auch immer wir vorher waren, oder nicht waren, wir waren es danach nie wieder.

Während sich die Menschheit sammelt und die Geschichte sich langsam ordnet, fallen Teile Berlins in Trance. Damals in den 90ern. Wie von Geisterhand entfesselt stampft die Stadt ihren eigenen Rhythmus. Marode Häuserfassaden, jahrzehntelang verlassene Keller werden zur Bühne für eine unkontrollierbar wütende Energie. „Reiß alles nieder, steig aus der Asche empor“ heißt das Stück. Im Schutt schicksalhafter Geschichte geben sich Kunst, Trash und Techno ein Stelldichein. Mitten auf der Straße. Dichte mein Werk. Zusammengeschusterte Galerien und Clubs sprießen wie Unkraut aus dem wiedervereinigten Boden, halb legal, oft illegal. Kleb die Landkarte zusammen. Es gibt kein Morgen danach. Ist das Gefühl. Es gibt keine Regeln, lebe es aus, atme es ein, alles ist erlaubt. Weiterlesen „Damals“

Symphonie des Grauens

Verwirrung beim Anblick der auf der Treppe positionierten Armee von vermummten Schwangeren – gibt es ein bedrohlicheres Bild für Fruchtbarkeit? Weibliche Kriegsmaschinen, menschliches Nachrüsten, ein paar Bilder weiter bilden verschleierte Köpfe eine undurchdringliche Mauer. Die Mauer des Schweigens. Individualität scheint verloren. Für immer aus und vorbei.

Solche und ähnlich düstere Assoziationen von Krieg und Gefangenschaft, Uniformität und religiösem Wahn, Isolation und Gehorsam drängen sich beim Betrachten der Fotografien von Misha Gordin auf. Weiterlesen „Symphonie des Grauens“

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